Internationaler Kioskkongress am 7. Juli 2018 vor der Kongreßhalle in Gießen

In einem abrissgefährdeten Vorbau der Kongresshalle Gießen fand am Samstag, den 7. Juli 2018, der erste Internationale Kioskkongress (IKK) statt. Zwölf Vortragende aus den Bereichen Kunst, Kultur, Architektur und Stadtplanung boten ihre Expertisen zum Thema Kiosk feil.

Auch hr.fleischer e.V. war mit einem Beitrag von Charlotte Ehrt, Annegret Frauenlob, Rita Lass und Karolin Leitermann vertreten. Sie präsentierten die kürzlich erschienene Jubliäumspublikation 18 Kubikmeter und thematisierten in einer Lecture-Performance den ehemaligen Zeitungskiosk als Ort der Wissensweitergabe. Die an eine Nachrichtensendung angelegte Aufführung nacheinander vorgelesener Events wurde flankiert von der inszenatorischen Verkörperung beispielhafter Projekte aus den vergangenen Jahren des Kunstverein, die den Ort des Kiosks aus künstlerischer Sicht verhandelten. Mit dem eindrucksvollen Einsatz diverser Original-Kioskprojekt-Requisiten wie Kunstschnee, Häkelmützen und einer Mettwurst wurde dem verwaisten Kiosk neues Leben eingehaucht. Während die Wurst live aufgeschnitten und angerichtet wurde für den vorgesehenen Verzehr beim abendlichen Ausklang mit Vesper und Bier vor dem Gebäude, tanzten und spielten die Akteurinnen drinnen abwechselnd einen erfrischenden Tanz aus Schneeballschlacht, Häkelromantik und hinterließen eine zeichnerische Note an den Fenstern.

 

 

 

 

 

Durch die gesamte Veranstaltung geleiteten als Moderatoren das Künstlerduo Ingke Günther und Jörg Wagner, die nicht nur in ihrer Funktion als Organisatoren des Kioskkongresses auf die parallel stattfindende Ausstellung „Ab jetzt wollen wir es weit bringen“ in der Galerie der Kongresshalle aufmerksam machten. Die beiden Gießener Künstler zeigen dort in einem besonderen architektonischen Rahmen, in dem auch der gesamte Kioskkongress gebettet war, eine Auswahl ihrer umfangreichen künstlerischen Tätigkeit, die das interessierte Publikum zu einem anschließenden Rundgang einlud.

Außerdem konnten im Laufe des erheiternden wie informativen Kongressabends unterschiedlichste Projekte und Vorträge von Künstlern, Architekten, Kunstwissenschaftlern und Kioskfans gesehen werden. Darunter befanden sich die Kunststudierende Julia Huisken und der Künstler Marcus Morgenstern von der Hochschule für Gestaltung Offenbach, die innovative Studienprojekte aus ihrem Seminar zur Kiosk-Erweiterung des Original-Bauhaus-Ensembles in Dessau vorstellten. Es sprach Marcus Lepper aus Gießen, der zwei herausragende Fotografien der bekannten FAZ-Journalistin Barbara Klemm in einer kurzen Lesung präsentierte. Tilmann Meyer-Faye war von Amsterdam nach Japan gereist und gab via Live-Übertagung einen Einblick in die dortige Kioskszene. In einer pointierten Performance konnten Martha Oelschläger und Jannis Neumann aus Gießen erstmals ein Kioskinformationsfaltblatt für die ganze Stadt vorlegen. Katrin Reuscher und Dirk Stürmer aus Dortmund widmeten das Kioskdach zur temporären Aussichtsplattform um. Die Amsterdamer Künstler Inge Rosaenboom und Mark Weemen regten mit ihren humorvollen Performances zum Nachdenken über Phänomene des Abbaus und Dagewesenen an. Der Theaterwissenschaftler Kajetan Skurski entwickelte mit seinem Kollegen aus Marburg als Startupunternehmer ein Ideenrepertoire zum Kiosk mit zahlreichen Merchandiseprodukten. Der Kunsthistoriker und Museumsdirektor Kurt Wettengel aus Frankfurt erzählte als Mitbegründer des 1. KC MO 06 die Geschichte der Anfänge aus dem Kioskklub am Museum Ostwall und schließlich referierten die Stadtplaner Anke Wünschmann und Achim Wollscheid aus Frankfurt zu ihren erfolgreichen Kiosk-Stadtspaziergängen.

(Text: Karolin Leitermann, Fotos: Mark Wehmen)